Donnerstag, 25. Mai 2017

Neue Regietalente


Papiertheaterworkshop brachte sensationelle Entdeckungen zu Tage
Text Ulrich Chmel, Wien,  Fotos: Mag.J.Starzinger, Wien


Es ist jedes Mal eine große Freude für mich, für eine Schulklasse den Workshop VON DER SCHUHSCHACHTEL ZUM PAPIERTHEATER vorzubereiten. Allein der  Gedanke jungen Menschen mit ganz einfachen Mitteln die Möglichkeit  geben zu können, ihre Phantasie zum Blühen zu bringen, spornt mich an, gut vorbereitet zum Termin zu kommen.


Figuren zu Hänsel&Gretel
Es fing ja alles mit meinem Besuch des Papiertheater-Festivals in  Preetz, im Jahre 2003 an. Dort lernte ich die Möglichkeit kennen, Kindern aus einer Schuhschachtel (Schuhkarton) ein kleines Theater bauen zu lassen und danach mit selbst gezeichneten Figuren und Kulissen ein freies Theaterstück aufzuführen.  Wieder in Wien, machte ich mich daran, solch einen Workshop ins Leben zu rufen und beriet mich mit erfahrenen Lehrern und Lehrerinnen.  Diese waren von dieser Idee sehr begeistert. Gerne nahm ich den Rat an, den Kindern einen vorgezeichneten Ausschneidebogen in die Hand zu geben. Es ist erstens die Frage, ob alle Kinder einer Klasse gut zeichnen können und zweitens hat man in einer Schulklasse mit einem Zeitbudget zu tun.

Aus diesem Grunde entwarf ich einen Ausschneidebogen mit den Figuren und Kulissen für das Märchen "Hänsel und Gretel". Dieser Ausschneidebogen war nun auch  Anfang Mai die Basis des Workshops, welchen ich mit den 26 Kindern der Klasse 1A des  Bundes -Gymnasium / Bundes Realgymnasium Keimgasse in Mödling, nahe bei Wien,  durchführen wollte.

HÄNSEL&GRETEL zur  Einleitung

Spiel mit der Bauchladenbühne
Zur Begrüßung spielte ich den Kindern das bekannte Märchen in meiner der Zeit angepassten Kurzfassung auf meiner Bauchladenbühne vor und führte sie auf diese Weise in das Thema und gab ihnen auch die Gelegenheit, Ideen für die eigene "Regiearbeit"  zu gewinnen.  Immerhin fanden es viele cool, dass ich die Bühne umgehängt hatte und die Musik mit einem "Lochstreifenkurbelwerk" produzierte.  Mit großer Freude wurde mitgesungen und alles genau beobachtet.

Bastelstunde

Rasch ging es danach an die Arbeit, galt es doch das Proszenium auszuschneiden und das "Theaterhaus " damit zu bekleben. Ebenso mussten die Figuren  und Kulissen ausgeschnitten werden. Die Materialien waren ja denkbar einfach und im modernen Sinne "nachhaltig". Alte Schuhkartons wurden von mir vor dem Workshop mit dem Messer präpariert, so dass keines der   Kinder mit dem Messer arbeiten musste (Verletzungsgefahr!). Als Figurenführer  dienten "Schaschlikspiesschen". Einige Geduld und etwas Geschicklichkeit waren dann die Investition der Kinder um endlich mit dem Spiel beginnen zu können.

6 Vorstellungen in etwa einer Stunde

Die Sensation des Tages waren dann die Vorstellungen, die sich die Kinder für den Abschluss des Workshops ausgedacht hatten. Sehr gut vorbereitet von Professor Mag. Jakob Starzinger, entwickelten dann eine Reihe von Mädchen und Buben  eigene Spielideen bzw. Weiterentwicklungen des bekannten Märchens HÄNDEL&GRETEL. Moderne Überlebensstrategien im finsteren, kalten Wald wurden entwickelt. Die Hexe - eine  alte Frau mit einem Pickel auf der Nase (!) - wurde angehalten Lieblingsgerichte, wie z.B. Nu...lapalatschinken  zu backen. Das Hexenhaus wurde mit einem Panzer angegriffen und  zerstört, oder die Geschwister besetzten das Hexenhaus (Lebkuchenhaus) und wohnten fortan dort.

Meine Rolle bei diesen "Vorstellungen" war die eines Inspizienten, der mit kleinen Hilfestellungen und heftigen Feuerzauber die fantasiereichen Kinder bei Ihrer  Regie- und Darstellungsarbeit unterstützte. 

Von diesem Geschehen ging das  Faszinosum des kreativen Formen und Schaffens aus. Diese besonderen Kinder konnten trotz Fernseh- Videospielsucht und  Mobiltelefonabhängigkeit für über drei Stunden ihre großartige Phantasie ins Spiel bringen. Es bedurfte dazu lediglich eines Schuhkartons, ein bisschen  Papier und Klebstoff.

Jedes Kind  kann ab jetzt zu Hause Theater spielen


 Nach drei Stunden nahm jedes  Kind "sein Papiertheater" mit nach Hause und einige haben mir verraten, zu Hause eigene Figuren, für eigene Geschichten zeichnen zu wollen.  Ich hoffe jedes Mal, dass der Samen der (Papiertheater-) Phantasie, den ich bei dem Workshop gelegt habe, bei dem einem oder anderen jungen Menschen aufgeht und vielleicht sogar weitergetragen wird.