Samstag, 25. Mai 2013


Papiertheater heute – lebt öffentlich


Eine besondere Form des Figurentheaters im Blickpunkt unseres Pfarrlebens

 

Papiertheater war  - und alle Insider wissen und repetieren es unaufhörlich – vor 150 bis 100 Jahren eine Form des familiären Theaterlebens. Heute hört man noch hie und da: Ja, bei uns war so etwas noch auf dem Dachboden. Im schlimmsten Fall werden schauderhafte Erinnerungen wachgerufen: Um Gottes Willen, mein Vater hat uns Kinder damit gequält, indem wir vor der Bühne sitzen und dieser faden Figurenschieberei zur Zauberflöte von der Langspielplatte folgen mußten.
 
Papiertheater heute muß, wenn es lebendig erhalten werden will, heraus aus dem Ghetto des reinen Tüftler-Selbstzwecks und öffentlich vor Publikum gespielt werden. Ich tue dies mit der Selbstverständlichkeit eines kleinen, besonderen Figurentheaters. Es tut gut, wenn man hie und da das Risiko einer Vorstellung eingeht, ohne zu wissen, ob ein Publikum erscheinen wird.  Auf diese Weise kann man messen, ob der Begriff Papiertheater eine öffentliche Akzeptanz besitzt oder nicht.

Tannhäuser der Wanderer zwischen der Wartburg und Rom


Es ist in Österreich nun schon eine jahrelange Tradition, einmal im Jahr die sogenannte „Lange Nacht der Kirchen“ zu veranstalten. Der Großteil der christlichen Kirchen beteiligen sich an dieser Aktion. Da bei wird dem zahlreichen Publikum verschiedenes geboten. Dieses Jahr reichten die Attraktionen vom Slacklinegeher über den Stephansdom bis zum Papiertheater in der Pfarre St.Thekla.

Die Aktivisten von St.Thekla hatten mich gebeten im Pfarrhaus das Papiertheaterstück TANNHÄUSER KURZ UND GUT zu spielen. Die Werbung läuft dabei über ein österreichweites Programmheft, in welchem sämtliche Veranstaltungen genannt werden.
 
Nun gut dachte ich, immerhin wendet sich Ritter Heinrich von Ofterdingen von der sündhaften Begegnung mit der Frau Venus ab, begibt sich auf eine Fußwallfahrt von der Wartburg nach Rom und wieder retour und ist dabei etwa 6 Monate zu  barfuß unterwegs um schlußendlich die an Liebesgram gestorbene Elisabeth (von Thüringen)  vorfindend sich dem Schutz der Heiligen Maria Mutter Gottes anvertraut und ebenfalls kraftlos neben der toten Elisabeth zusammenbricht – obwohl das erhoffte Wunder, wenn auch verspätet, aus Rom eintrifft.

Zwei Vorstellungstermine wurden für den 24. Mai 2013 vorgesehen und siehe, es waren beide Termine „volle Häuser“. Über 50 interessierte Besucher kamen aus ganz Wien, um das „Stückchen“ um den TANNHÄUSER auf dem Papiertheater kennen zu lernen.  Der "Thekla-Saal" war zweimal ziemlich voll. Es gab sogar eine Videoübertragung in den Vorraum des Pfarrhauses, um auch den zufällig vorbeikommenden Menschen die Möglichkeit des Zusehens zu geben.
 
Es ist zu meinem Markenzeichen geworden, Opern auf diese Weise zu verkürzen, daß sie nur etwa 45 Minuten dauern und zwischen den bekanntesten Arien Textstellen mit einem feinen Humor eingebaut werden. So konnte auch bei diesen Vorstellungen da und dort gelacht und mitgesummt werden. Die Stimmung war wirklich großartig.

Der Zustrom zur Backstageführung, die ich jedes Mal nach einer Vorstellung veranstalte, zeigt meist den Grad der Zustimmung zum Dargebotenen. Egal, ob es eines Kindervorstellung oder eine Vorstellung ist, an welcher im Großen und Ganzen Erwachsene teilnehmen: Backstage ist immer der Hit und dauert zumeist so lange, wie die Vorstellung  selbst.

Ich versuche auf diese Weise, das in der Öffentlichkeit eigentlich nicht existente Papiertheater wieder bekannt zu machen. Indem ich schon bei der Produktion der Stücke und dann auch bei deren Aufführung meine ganze Leidenschaft verwende, gelingt es mir immer wieder, so auch diesmal bei den TANNHÄUSER-Aufführungen während der Langen Nacht der Kirchen, neue Papiertheaterfans zu gewinnen. Oftmals höre ich da und dort auch Interesse,  ein Papiertheater selbst bauen zu wollen.

Wie immer, lade ich gerne ein, dazu Kommentare und Meinungen abzugeben, die ich gerne beantworten möchte.
 
Fotos: Pater Ignasi Peguera