Montag, 29. April 2013


BERICHT IM "NEUEN MERKER" ÜBER WAGNER VORSTELLUNGEN IM PAPIERTHEATER

Dr.Klaus Billand, freier Opernrezensent, besuchte am 11. und 12. April 2013, die Papiertheaterstücke: LOHENGRIN FÜR EILIGE und TANNHÄUSER KURZ UND GUT, im Bezirksmuseum des vierten Bezirks von Wien. Diese erste Berührung mit dem Papiertheater war ein Erfolg. Dr.Billand schrieb folgendes für den NEUEN MERKER http://www.der-neue-merker.eu/aktuelles :


PAPIERTHEATER



Ulrich Chmel bei seiner Arbeit. Foto: Privat

Praktisch völlig unbemerkt vom Trubel um das Jahr des 200. Geburtstags von Richard Wagner feierte Ulrich Chmel im Bezirksmuseum Wieden mit seinem Mikro-Theater, dem Papiertheater, auf seine ganz spezielle und charmante Weise das Jubiläumsjahr des Bayreuther Meisters. Er führte seine beiden Stücke auf: „Lohengrin“ für Eilige, das mal gerade 40 Minuten dauert, und tags drauf „Tannhäuser“ kurz und gut, mit einer Spielzeit (ohne Pause, versteht sich…) von 45 Minuten!
Wie Ulrich Chmel im Programmheft schildert, geht das Papiertheater auf eine längst vergangene Zeit zurück, als man zu Hause neben Hausmusik auch Papiertheater spielte. Verlage schickten ihre Zeichner mit dem Auftrag in die Opernhäuser und Theater, Bühnenbilder und Kostüme der Opern und Theaterstücke zu zeichnen. Daraus wurden Ausschneidebögen gestaltet, gedruckt und verlegt. So waren Familien im Biedermeier in der Lage, zu Hause kleine Theaterbühnen nach Anleitungen zu bauen und Theaterstücke nachzuspielen. Viele waren begeistert damit beschäftigt, die Papierfiguren und -kulissen auf Karton oder dünnes
Sperrholz zu kleben und auszuschneiden. Manche zeichneten auch Figuren und Bühnenbilder selbst und verfassten eigene Texte zu den Stücken. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts geriet das Papiertheater langsam in Vergessenheit. Es gibt aber alle Jahre in Preetz bei Kiel ein Papiertheatertreffen, zu dem Papiertheaterspieler aus Europa und sogar den USA anreisen, um ihre Kunst zu zeigen.

Und das, was Ulrich Chmel, der in seiner aktiven Zeit in der Wirtschaftskammer Österreich zuletzt als Fachverbandsgeschäftsführer tätig war, seit 2002 macht, ist wirklich eine Kunst, eine Kunst des Biedermeier. Seine Begeisterung dafür, und sie wird bei der Einführung des Publikums in die Technik seines Theaters offenbar, gewann er durch die Bekanntschaft mit dem großen Wiener Papiertheater-Sammler Dr. Herbert Zwiauer und die Papiertheater-Ausstellung im Österreichischen Museum für Volkskunde. Dass Chmel lange Jahre für die Neue Illustrierte Wochenschau als Karikaturist tätig war, Karikaturen in Fachzeitschriften wie die Österreichische Trafikantenzeitung und Filterlos verfasste und auch eine Reihe von Büchern und Broschüren illustrierte, kommt ihm bei seiner Passion, denn eine solche kann es nur sein, wenn man ihm zuhört, zugute. Nach anfänglichen Versuchen mit einem Weihnachtsspiel und einer Version des „Struwwelpeters“ startete er nach eigenen Angaben seine „Papiertheaterkarriere“ mit dem „Lohengrin“ für Eilige, den seit 2003 schon über 1.600 Menschen in über 70 Vorstellungen erlebt haben. Und dabei muss man bedenken, dass die wünschenswerte Theaterkapazität maximal etwa 25 Personen beträgt, da die Bühne recht klein ist und gerade mal eine Tiefe von 80 cm hat…

Dadurch entsteht bei den Stücken aber auch der ganz intime Reiz dieses Kunsterlebnisses. Und Ulrich Chmel ist zu Recht stolz darauf, dass er „ein Publikum im Alter von 2 bis 98 Jahren“ anspricht.

Er hat alle Figuren für „Lohengrin“ und „Tannhäuser“ selbst gezeichnet und auch den Text mit vielen Originalzitaten aus dem Libretto Wagners verfasst. Die Gesangseinlagen, die bei „Lohengrin“ zu hören sind, stammen von alten Schellack-Originalaufnahmen aus dem Jahre 1929. Unter Hermann Weigert singen Fritz Wolff den Lohengrin und Beata Malkin die Elsa. Chor und Orchester stammen aus der DOB 1929, was auch mit den (mittlerweile natürlich abgelaufenen) Urherberrechten zusammen hängt. Im „Tannhäuser“ singen Maria Jeritza, George London, Heinrich Schlusnus, Ramon Vinaj und andere.

In einem stets mit einem Augenzwinkern versehenen Parforce-Ritt führt Chmel die angeregten Zuschauer durch die gesamte Handlung der beiden Opern jeweils in etwa einer dreiviertel Stunde. Man meint, dass einem kaum etwas entgangen ist, wenn man das bunte Treiben der kleinen Figuren bis ans Ende auf der Bühne verfolgt, die er verdeckt von der Seite mit langen Metalldrähten führt und in Einklang mit ihrem Gesang bzw. Reden bewegt. Das wirkt alles dramaturgisch durchdacht und lebendig, die guten Stimmen verleihen der kleinformatigen Aktion eine theatrale Erhabenheit, durch die das Ganze auch tatsächlich wie eine zwar kleine, aber komplette Oper wirkt, immer mit einem gewissen Lächeln bzw. dem im Leben so notwenigen Schuss Humor, den Chmel insbesondere durch die selbst verfassten Kommentare einbringt. Er versteht sein Publikum für die Sache zu animieren, ja einige regelrecht zu fesseln, und so entsteht eine angesichts des minimalen theatralischen Formats erstaunliche Konzentration auf das zu Sehende und für die, die das Stück nicht kennen, auch eine sichtbare Spannung auf seinen Ausgang.

Am Schluss zeigt Chmel allen Interessierten noch das Innenleben seines kleinen Theaters, das im backstage doch einige unerwartete technische Details und Raffinessen bereit hält. Allen an dieser liebenswerten Kleinkunst Interessierten sei ein Besuch seines Papiertheaters wärmstens empfohlen – im Herbst kommt „Carmen“. (www.papiertheater.at und blog: http://papiertheater.blogspot.co.at/).
                                    

Dr. Klaus Billand




Der Jubilar. Foto: Dr. Klaus Billand


Ulrich Chmel. Foto: Dr. Klaus Billand


“Lohengrin”. Foto: Dr. Klaus Billand


Lohengrin”. Foto: Dr. Klaus Billand


Lohengrin”. Foto: Dr. Klaus Billand

“Tannhäuser”. Foto: Dr. Klaus Billand


Tannhäuser”. Foto: Dr. Klaus Billand


Tannhäuser”. Foto: Dr. Klaus Billand


Tannhäuser” – Gebet der Elisabeth. Foto: Dr. Klaus Billand



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Donnerstag, 25. April 2013

Dr.Herbert Zwiauer - eine Erinnerung


Vor etwa zwei Jahren wurde der bedeutende österreichische Papiertheatersammler Dr.Herbert Zwiauer "auf die ewige Papiertheaterbühne" abberufen. Ich habe damals versucht ein lebendiges Bild über diesen Mann zu skizzieren, der wesentlich dazu beigetragen hat, mich für das Thema Papiertheater zu interessieren.


Es begann vor etwa 25 Jahren.  Zur Freude meiner damaligen Arbeitskollegen erklärte ich mich bereit, nach der Idee  einer barocken Guckkastenbühne, Ähnliches als Geburtstagsgeschenk für unseren Chef herzustellen und auf die Gesichter der Figuren die Fotografien all unserer Kollegen zu montieren.  Zu meiner großen Überraschung erhielt ich vom Mann einer Kollegin Kopien der Figuren und Kulissen des Stückes  “Die Großherzogin von Geroldstein“. Dieser Mann war Dr. Herbert Zwiauer. Er legte damit den Grundstein für mein Papiertheaterinteresse.
 
„Wissen Sie“, erzählte er mir bei einem unserer Treffen im Kaffeehaus, „die Papiertheaterleidenschaft hat bei mir schon als kleiner Bub begonnen. Mein Bruder und ich zogen den Lampenschirm in der elterlichen Küche ganz tief über den Küchentisch. Für mich versank die Welt, wenn mein größerer Bruder mit den Papiertheaterfiguren die verschiedensten Stücke vorspielte. So lernte ich als Kind schon viel Theaterliteratur spielend kennen.“  Das war ja auch noch in einer Zeit, in welcher man zum „Trentsensky“ auf dem Stephansplatz, neben dem „Deutschen Haus“ gehen konnte, um sich dort mit den neuesten „Mand’lbogen“  (so nannte man damals in Wien die Papiertheaterbogen) zu versorgen.
Wer das Zwiauer’sche Zauberreich einmal besuchen durfte, weiß, dass in der Sammlung von Dr. Herbert Zwiauer wahrscheinlich nichts fehlt, was dem Thema Papiertheater zuzuordnen ist. Die Akribische Ordnung  und genau archivierte und katalogisierte Sammelstücke ermöglichten es, dass der Herrscher über diese Sammlung alles auf den ersten Griff fand.  „Ich habe fast alle meine Figuren und Kulissen ausgearbeitet, man könnte eigentlich sofort damit eine Aufführung  beginnen“, meinte der  stets bescheidene Sammler einmal zu mir. Selbst inszenierte Dr. Zwiauer mit den vielen Bühnen und Dekorationen aber nie, obwohl er viele berühmte Theatermonologe und Balladen auswendig zu rezitieren wußte.  Es war die wissenschaftliche Arbeit mit dem Thema Papiertheater, die Dr. Zwiauer  faszinierte. Sein hohes Wissen hat er in dem Buch Papiertheater, Bühnenwelt en Miniature, Wien 1987, als Standardwerk für die Nachwelt festgehalten. Einmal erzählte er mir und kam dabei ins Schwärmen: „Ich bin mit den meisten Sammlern in Europa in Kontakt und wir tauschen auch heute noch fleißig aus.  Die schönsten Momente waren für mich, in Preetz wieder einmal alle diese Freunde zu begrüßen zu dürfen!“.  Und immer wenn einer dieser Sammler nach Wien kam, besuchte man ihn, holte sich Rat und tauschte sich aus.

Engelsgeduld brachte seine große Liebe, die nun schon seit vielen Jahren verstorbene, Frau Ulla auf. Sie unterstütze ihren Mann bei seiner Sammlertätigkeit mit all ihrer Kraft.  Auch als Herbert Zwiauer im Jahre 1985 seine Leihgaben für die große Papiertheaterausstellung im Wiener Volkskundemuseum vorbereitet. „In diesen Tagen war  die ganze Wohnung Bühne!“ erzählte der alte Herr ganz gern. Bei dieser Ausstellung wurde das Stück aus seiner Sammlung „In 80 Tagen um die Welt“ als Multimediaschau aufgeführt , wobei der Fotograf die Szene ausschließlich mit Kerzenlicht beleuchtete, „dessen Folgen man leider heute noch schmerzlich bemerkt“ erinnerte sich dabei mein Papiertheatermentor schmerzlich.
Im Hause Zwiauer war es alle Jahre zur Weihnachtszeit unverrückbare Tradition, im kleinen Wohnzimmer in der Josefstadt unter dem Weihnachtsbaum einen Krippenberg aufzubauen, auf dem die schönsten Stücke aus der Zwiauer‘schen Sammlung zu einer großen Weihnachtspapierkrippe aufgestellt wurden, um davor von den Kindheitstagen zu träumen. Kindheitstage, die dann jäh von den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs beendet wurden. Herbert Zwiauer wurde zu den Waffen gerufen und wurde schließlich Panzeroffizier.

Nach dem Kriegsende  studierte Herbert Zwiauer Anthropologie. Als wissenschaftlcher Assistent führten  ihn seine Forschungen schließlich nach Amerika. Dr.Zwiauer erzählte mir einmal, daß er sich leidenschaftlich mit den urgeschichtlichen Entwicklungen der Inuit auseinandersetzte.
Unglückliche Umstände führten dazu, daß er seine Studien in den USA abbrechen und nach Österreich zurückkehren mußte. Da mit dem „Orchideenstudium“ Anthropologie offenbar schwer eine Anstellung zu finden war, entschloß sich Herbert Zwiauer eine ihm angebotene Offizierslaufbahn beim Österreichischen Bundesheer anzunehmen, welche er als Oberst ehrenvoll beendete.

Daß seit 2002  die Papiertheaterleidenschaft in mein Leben eingezogen ist und mir und durch mich vielen, vielen Menschen unbeschwerte Freude und viele schönen Stunden geschenkt wurden, verdanke ich  zum großen Teil Herbert Zwiauer.  Er war es, der durch sein Tun die Initialzündung bei mir ausgelöst hat und er war es, der mir den Weg zu Pollock in London und zu Dirk Reimers in Preetz  gezeigt hat und er war es der mir das Papiertheaterforum vorgestellt hat. Wie reizvoll und wertvoll war es, wenn wir im Kaffehaus – wo denn sonst in Wien! – über neue Pläne gesprochen haben und ich von diesem interessanten Mann historisches Wissen geschenkt bekam.  Wie sehr freute es ihn, wenn ich ihm von den Momenten erzähle, in denen ich die Idee des Papiertheaters an junge Menschen weitergeben konnte und die das dann auch aufgegriffen haben.  
Als kleines Dankeschön an den Dr.Zwiauer baute ich eine allerkleinste Papiertheaterbühne mit einer Szene aus der Puppenfee. Mittendrin stellte ich eine Figur mit dem Porträt des Verstorbenen.


 
Mit der Erlaubnis seiner Hinterbliebenen durfte dieses Bühnchen auf seine ewige Reise mitgegeben werden.

 

Mittwoch, 24. April 2013

FROSCHKÖNIG

Eine Fingerübung

Zwischen den Aufführungen im Bezirksmuseum Wieden spiele ich ganz gerne für Schulklassen: Die Bühne ist aufgebaut, der Saal steht zur Verfügung und für mich ist es eine Freude und Übung auch wieder einmal für Kinder zu spielen. Also lud ich die Klasse meines kleinen Nachbarn MARTIN ein, der ganz in der Nähe des Bezirksmuseum  die 1. Volksschulklasse besucht.

Eine Dekoration für ca. drei Stücke
Der Witz bei der Sache ist, daß ich für die Stücke TANNHÄUSER KURZ UND GUT, DER GESTIEFELTE KATER und FROSCHKÖNIG - mit kleinen Abweichungen - das gleich Bühnenbild verwenden kann: Ein Wald mit Burg im Hintergrund, ein königlicher Saal. Beim Froschkönig kommt anfänglich noch der grund eines tiefen Brunnens dazu, ein Brunnen im Wald und zum Schlusse ein "prinzessliches Gemach" für die Kussszene.

Vor der Vorstellung im Bezirksmuseum


Die Musik machten die Kinder selbst
Für Kinder zu spielen ist naturgemäß eine größere Herausforderung, da Kinder gerne irgendwie mit einbezogen werden wollen. Also hatte ich die Idee, den Kindern das Kurbelspielwerk zu zeigen und zu erklären.  Alle wollten damit Musik machen, einige durften dann damit üben. Schließlich habe ich drei Kinder ausgesucht, die das Vorspiel und die Zwischenaktmusik KURBELN durften. Das war natürlich ein großer Erfolg und die Kinder waren mit großer Begeisterung dabei.  Einmal mußte ich helfend "einspringen" und den Lochstreifen wieder in Startposition bringen.Leider habe ich von diesen "musikalischen Zwischenspielen"  keine Bilder.

Das Märchen kennen schon sehr viele Kinder
Daher war es nicht sonderlich erforderlich, den Kindern vor der Vorstellung die Geschichte näher zu bringen. Wenngleich ich das, nach Maßgabe der Zeit, sehr gerne tue. Am schönsten ist es, mit den Kindern das Märchen zu besprechen.
Bei "meinem" FROSCHKÖNIG gibt es vier Abteilungen:

IM BRUNNEN
IM WALDE




 
 
 
 
AN DER KÖNIGLICHEN TAFEL
 
 
 
IM GEMACH DER PRINZESSIN
 
 

BACKSTAGE und KLASSENFOTO

Das Interessanteste ist für Kinder und Erwachsene, nach der Vorstellung "hinter die Kulissen blicken" zu dürfen. Das durfte natürlich auch die Klasse von Martin und zum Schluß posierten dann alle vor der Bühne für ein Klassenfoto.


Gerne lade ich wieder alle ein, mir Ihre Kommentare zu schreiben, oder unter ulrich.chmel@papiertheater.at direkt mit mir in Kontakt zu treten.


 




Montag, 8. April 2013


Wie ein neues Stück entsteht

DES KAISERS NEUE KLEIDER

Als Burleske für das Papiertheater


Beim Lesen habe ich manches Mal das Gefühl, dieses oder jenes sei sicher geeignet, um im Papiertheaterbühnchen „dramatisiert“ zu werden. So erging es mir auch bei Hans Christian Andersens Märchen: DES KAISER NEUE KLEIDER.
Naturgemäß suche ich mir immer Stücke aus, für die es keine Papiertheaterfiguren oder Bühnenbilder gibt. Es ist dann immer eine wunderschöne Herausforderung, vorerst einmal alles Erforderliche für eine Inszenierung zu finden.
Bei Benno Mitschka’s Multum in Parvo Papiertheater , http://www.papiertheater-shop.com/, fand ich traumhafte Bühnenbilder und auch halbwegs passende Figurenbögen, die ich aber erst für dieses Stück anpassen bzw. um einiges selbstgezeichnetes ergänzen mußte. Gerade aber das macht mir ja die allergrößte Freude.

Erste Ideen
Andersen schrieb seine „Märchen“ ja sehr oft mit einer gehörigen Portion Sozialkritik – siehe DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZCHEN . So auch DES KAISERS NEUE KLEIDER. Selbstverständlich könnte man dieses Stück ganz leicht in die heutige Zeit versetzen und müßte nicht unbedingt die Figur des Kaiser der Lächerlichkeit aussetzen. Aber, wenn man jetzt doch so schöne Bühnenbilder hat!! Bei der Beschäftigung mit dem Stück stieß ich auf eine Beschreibung des Stückes, wo davon gesprochen wurde, daß die Eitelkeit des Kaisers und die Sorge seiner gesamten Umgebung nicht als „Ungeeignet für das Amt oder sogar dumm“ angesehen zu werden, sicher ausgezeichnet für eine Burleske eignet. Herrlich. Auf diese Weise kann man den sozialen Zeigefinger sehr gut tarnen.

Szenische Umsetzung

Nach dem ausgezeichneten Erfolg bei meinem Stück vom GEVATTER TOD, welches auf zwei Spielebenen dargestellt wird, hatte ich  nun die Idee, auch DES KAISERS NEUE….. auf zwei Spielebenen abzuwickeln. Die eine Ebene ist die des Hofs, mit Kaiser, Minister, Hofdamen und allen da noch dazugehören wollen. Und die zweite – tiefer gelegene -  Ebene ist die des Personals, des Volkes und natürlich auch der betrügerischen „Weber“.

Um besonders darauf hinzuweisen, daß dies alles nur ein unsichtbares Lügengespinst ist, was hier auf einem – wahrscheinlich aus gar nicht vorhandenen – Webstuhl vorgegeben wird produziert zu werden, wollte ich diesen „Keller“ nur schwarz darstellen und deute den Webstuhl, und einiges Zubehör nur mit ein paar wenigen Kreidestrichen an.

Ich setzte mich also zunächst einmal hin und schrieb ein Konzept, vor allem aber zeichnete ich Skizzen, wie ich mir die Bühneneinrichtung vorstellte.





Anpassung des Figurenmaterials und Herstellung neuer Figuren

Wenn also Figuren wohl zum großen Teil für ein Stück verwendet werden können, teilweise aber angepaßt bzw. ergänzt werden müssen, beginnt also die Arbeit von der Skizze bis zur Reinzeichnung. Ich arbeitete also nach Bedarf einige Figuren um und zeichnete aber neue. Zum Beipiel wollte ich einen wohlbeleibten Kaiser zeigen, der lebensfroh seinen Eitelkeiten nachgeht. Ein "Dünnling" schien mir dazu nicht besonders geeignet.

 Zugleich wollte ich aber auch eine DREHFIGUR, damit sich der eitle Mensch auch von allen Seiten im Spiegel betrachten kann.

ICH HABE NICHTS ANZUZIEHEN


Das Volk schaut der Parade des Hofes zu und natürlich werden dabei die Figuren zum großen Teil zum Kaiser und nicht ins Publikum schauen. Also zeichnete ich einige Figuren nur in der Rückansicht.


Handarbeit gefragt
Damit das alles auf die Bühne kommen kann, muss auch noch geklebt und gesägt werden:

Figuren und "Stelze" sind ein Stück Karton

Einteilung der Figuren auf dem Sperrholz

Bei der Sägearbeit

















Erste Proben mit dem Bühnenbild

Wenn dann einmal der Großteil der Figuren und der Bühnenbilder fertig sind möchte ich als einmal probieren, wie denn das so aussieht. Mit dem Ansehen des Bühnenbildes wachse ich schön langsam in das Stück hinein und beginne auch schon Ideen für den Stegreiftext zu sammeln.
Kaiserl. Ankleidezimmer mit Spiegel und "Untergeschoss"  Aufnahme mit DUMMYS

Die Kisten mit Gold und Edelsteinen, welche die Betrüger vom Kaiser für die Herstellung des "kostbaren Stoffes" verlangen habe ich auch mit weiß auf schwarzen Karton gezeichnet und mit dem Locher aus Folien entsprechende Stücke gestanzt und aufgeklebt.

Die kaiserl. Dienerschaft bringt die für den Tag ausgesuchten Kleidungsstücke

Die Geschichte entwickelt sich dann Schritt für Schritt auch nach praktischen Überlegungen. Im Gegensatz zu anderen Papiertheaterspielern bin ich ja ein wirkliches EINMANNTHEATER und muß mir daher auch alles so einrichten, daß ich es mit zwei Händen, einem Mund und einem Fuß (für einen allf. Fußschalter) durchführen kann.
Die Lieferung der kaiserl. Kleidung zur morgendlichen Anprobe gehört zur Entwicklung des Stückes. Die Figuren habe ich dafür umgearbeitet und den Kleiderständer mit der Garderobe entworfen und reingezeichnet. Die Kleider entsprechen dann auch jenen, die der Kaiser vor dem Spiegel anprobiert.
Das alles dient der burlesken Handlung, die ich dazu im Kopf habe.

Schlußbild


Hier kann man schon die Entwicklung des Schlussbildes erkennen. Die Systematik ist ähnlich dem ersten Bild:
Ober Spielebene ist das kaiserliche Gartenparterre. Eine Ebene darunter versammelt sich das Volk. Die Einteilung in diese zwei Ebenen hat zwei Überlegungen:
Die erste ist symbolisch gemeint: "Die da oben" und "die da unten"
Die zweite ist eine rein praktische: Nur auf diese Weise bin ich halt im Stande derartige Figurenmassen auf einmal auf der Bühne für alle sichtbar zu machen.
Vielleicht war ja auch ehemals eine praktische Überlegung, den Papst auf der Setia durchs Volk zu tragen: Nur so konnte er wirklich von allen gesehen werden. Heute sehen ihn nur die in der ersten Reihe.


Schau Papa, der hat ja gar nichts an!


Zum Schluss  friert dem nackten Kaiser und sein Page bringt ihm seine ordentlichen alten Kleider. Beim zeichnen dieser Figur war ich wahrscheinlich beim Schluss des ROSENKAVALIERS! Der Abgang könnte ungefähr so über die Vorbühne  aussehen:
Abgang mit einer Symbolfigur



Text und Musik
Beides wird sehr improvisiert. Die Musik wird von einem Kurbelspielwerk kommen. Die Lochstreifen dazu werden gerade gestanzt! Der Text entspricht nur einem ziemlich fixen Handlungsverlauf, der dem Märchen von Hans Christian Andersen entspricht. Lediglich der dem Stück sinngebende Satz: DIESE KLEIDUNG IST FÜR JEDEN UNSICHTBAR, DER FÜR SEIN AMT NICHT TAUGT ODER UNVERZEIHLICH DUMM IST - muss so und nicht anders kommen und ziemlich einprägsam den Zuschauern nahe gebracht werden.


Einladung zum Austausch
Ich hoffe, mit diesen Zeilen Bildern viele am Papiertheater interessierte Menschen erreichen zu können und lade auch alle gerne ein, mit mir dazu zu korrespondieren: entweder über diesen Blog, oder direkt per Email: ulrich.chmel@papiertheater.at .
Vielleicht finden sich auch andere Papiertheaterspieler, die Ihre "Geheimnisse" transparent machen. Schön wär's.

NACHTRAG
Obwohl dieses Thema sehr viele - 51 ! -  Interessenten gefunden hat, was mich ja wieder sehr freut, hat sich bisher niemand gefunden, sich auf einen Austausch via Kommentar oder Email einzulassen, Was wieder schade ist.

Nun habe ich auch noch die fehlenden endgültigen Bühnenbildversionen nachzutragen. Der "Keller", in welchem sich das Personal und die betrügerischen Weber aufhalten ist nun fertig gestaltet:

 Hier kann man erkennen, wie der Kaiser das Gespräch zwischen seinem Minister und den "Webern" belauscht. Der Text an der schwarzen Wand wird im Zuge der "Einrichtung" durch die Weber freigelegt, damit alle, auch das Publikum, nie vergessen, worum es eigentlich geht. Hier bei dieser Scene ist ja der Minister eigentlich schon das erste Opfer, denn er sieht ja nichts - weil gar nichts hier ist - und trotzdem möchte er sein Amt behalten. Also wird er den Kaiser anlügen.
Dies ist jetzt die fertiggestellte Eingangsszene, bei welcher man den Kaiser bei der morgenlichen Anprobe beobachten kann und im "Keller" den Bediensteten mit dfer frischen Wäsche voerbeigehen sieht.

2. Nachtrag
ZUM SCHLUSS DER BEGINN
Im Zuge der Proben ist mir aufgefallen, daß die Weber zu Beginn des Stückes eigentlich im Städtchen des Kaisers ankommen sollten. Also habe ich die vorhandene Kutsche aus DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZCHEN kopiert und umgearbeitet. Auch habe ich ein STÄDTCHEN aus vorhandenen nicht benötigten Papiertheaterbögen "gezaubert". Wichtig dabei war, alles neu und kräftiger zu colorieren, damit die Kulissen plastischer wirken.
Und so sieht nun der Beginn aus:





Also wer schreibt mir?

Euer
Ulrichderkulissenschieber aus Wien